Beim und nach dem Bau von Verkehrstrassen (Autobahnen und deren Zubringern, Fernstraßen, Umgehungsstraßen, Bahnlinien usw.), aber auch von Leitungstrassen (Strom-, Gasleitungen usw.) werden oft die Jagdwerte von Jagdgenossenschaften (Körperschaft des öffentlichen Rechts) mehr oder weniger deutlich gemindert: Mit der sogenannten Jagdwertminderung sollen die im Zuge eines beispielsweise Straßenbaus stattfindende Durchschneidung des Jagdbezirks auftretenden Unterbrechungen von Wildwechseln, Erschwerungen bei der Jagdausübung, Untergang oder Verschlechterung ehemals attraktiver Revierteile usw. erfasst werden, um sie angemessen entschädigen zu können.

Die Beeinträchtigungen können vorübergehender Natur sein (Bauphase), aber auch dauernd wirken. Eigenjagden können in vergleichbarer Weise betroffen sein.

Für die Wertermittlung stehen verschiedene Bewertungsmethoden zur Verfügung. Auftraggeberseitig wird (meist) gefordert, dass die „Hinweise zur Ermittlung von Entschädigungen für die Beeinträchtigungen von gemeinschaftlichen Jagdbezirken (JagdH 01)“ zu beachten seien.

Nach meiner Erfahrung kann die alleinige Anwendung der JagdH 01 eher nicht zu objektiv nachvollziehbaren bzw. begründeten Ergebnissen führen.

Dem Prinzip nach handelt es sich bei dem Verfahren nach der JagdH 01 um ein vereinfachtes Punktierungsverfahren: Im Regelfall wird für verschiedene vorgegebene Kriterien (Wildarten, Wilddichte, Schussabgabe usw.) die Wertminderung in Prozent auf einer Fläche von ca. 200 m links und rechts der Verkehrstrasse eingeschätzt. Die Wertminderung ergibt sich aus der Differenz zwischen einer vorgegebenen Ausgangswertigkeit vor dem Eingriff und der Wertigkeit nach dem Eingriff.

Unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungsdauer und des sich daraus ergebenden Kapitalisierungsfaktors werden die Einzelschadensbeträge berechnet (realer Eingriff in den Jagdbogen durch den – zum Beispiel – Autobahnbau). Der sich aus der Anwendung der Parallelverschiebungstheorie ergebende Schadensbetrag wäre dabei ggf. zu berücksichtigen.

Der Jagdpachtwert selbst ist im Wege des Vergleichswertverfahrens zu bestimmen. Der tatsächlich zwischen Pächter und Verpächter vereinbarte Jagdpachtpreis kann vom objektiven Jagdpachtzins abweichen. Der objektive Jagdpachtzins ist der Pachtzins, der für den jeweiligen Jagdbogen am gewöhnlichen Jagdpachtmarkt erzielt werden kann, unter Berücksichtigung der rechtlichen Gegebenheiten, den tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Reviers, ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (analog Verkehrswertdefinition in § 194 Baugesetzbuch).

Im Allgemeinen liegen Jagdpachtpreise für ähnliche Reviere aus der Region (Hegeringe, benachbarte Hegeringe) vor, die Eigenschaften der Reviere sind jedoch nicht direkt, ohne Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen, vergleichbar (Preise aus unterschiedlichen Teilmärkten). Da sich die zu vergleichenden Reviere meist in mehr als einer wertrelevanten Eigenschaft unterscheiden, ist es, neben einer konservativen Plausibilitäts- und Mittelwertbetrachtung, naheliegend, unter Verwendung der multiplen Regressionsrechnung den objektiven Jagdpachtpreis zu schätzen. Bei der Berechnung dieser Preisfunktionen werden die Unterschiede der Vergleichsobjekte gemeinsam/gleichzeitig berücksichtigt. Man erhält als Ergebnis eine Funktion, die bei Vorgabe der Naturalgrößen eines Objektes einen Schätzwert für den Preis liefert. Ein wesentlicher Vorteil der mit der multiplen Regressionsrechnung geschätzten Funktion ist, dass sich für den Schätzwert Vertrauensgrenzen angeben lassen.

Anmerkung zum Bewertungsverfahren: In vor dem BGH endenden Gerichtsverfahren wegen Jagdwertminderungen blieben sogenannte „Punktierungsverfahren“ unbeanstandet. Die Anwendung dieser Verfahren ist deshalb in Betracht zu ziehen. Es gibt jedoch eine Reihe von Gründen, die für eine Überprüfung des sich aus diesem Verfahren ergebenden Bewertungsergebnisses sprechen. Es sind dies folgende in der einschlägigen Literatur zu findenden Gründe: hoher Abstraktionsgrad, mangelnde Begründbarkeit der Punkte und deren Veränderung, geringe Eignung für Argumentationen in Auseinandersetzungen. Ein solches (Nichtpunktierungs-) Verfahren ist beispielsweise die Schadzonenmethode oder ein regressionsanalytischer Ansatz.

Unter Ziffer 8 der JagdH 01 Entschädigungsgutachten heißt es ab Satz 2, dass das Ergebnis der Berechnungen am Markt zu überprüfen sei und die für das Verständnis erforderlichen Anlagen dem Gutachten beizufügen sind.

Für diese Plausibilitätsüberprüfung werden von mir üblicherweise 2 Verfahren angewendet; es sind dies die:

  • Schadzonenmethode und ein
  • regressionsanalytischer Ansatz.

Dies bedeutet, dass zur Absicherung der sich aus der (alleinigen) Anwendung der JagdH 01-Methode ergebenden Schätzergebnisse die Jagdwertminderungen nach den vorstehend genannten Verfahren auf mathematisch-statistischer Grundlage berechnet werden. Somit stellt dann die Schätzung der Jagdwertminderung eine Entschädigung dar, welche mit zwei von der JagdH 01-Methode unabhängigen Verfahren überprüft worden ist.

Auch die alleinige Anwendung der Schadzonenmethode ist durchaus ein von Gerichten und beispielsweise dem Eisenbahnbundesamt anerkanntes Schätzverfahren.

In M. KÖHNE, Landwirtschaftliche Taxationslehre, 3. Auflage: „Schadzonen-Verfahren“ von WOLFRAM ist diese Methode näher beschrieben. Der Name rührt daher, dass bei dieser Vorgehensweise der Jagdbezirk in Teilflächen mit annähernd gleicher jagdlicher Wertigkeit eingeteilt wird. So werden den einzelnen Teilflächen Werte (Wertstufen) zugewiesen, deren Addition den Gesamtwert des Jagdbezirkes repräsentieren soll. Die Jagdwertveränderung wird dann dadurch quantifiziert, dass die Wertdifferenz ermittelt wird, die sich dadurch ergibt, dass sich durch einen Eingriff (beispielsweise der Bau einer Autobahntrasse) die Zuordnung von Teilflächen des Jagdbezirkes zu den Wertstufen ändert. Dabei dürfen selbstverständlich nur die Teilflächen in ihrer Bonität herab‑ oder heraufgestuft werden, deren Jagdwert durch den zu bewertenden Eingriff kausal verändert wurde.

Aus der sorgfältigen Analyse der aus unterschiedlichen Teilmärkten stammenden Jagdpachtpreise wird sodann ein Kollektiv von Vergleichsrevieren zugrunde gelegt. Anschließend werden die Reviere mit Hilfe der sich aus der Regression ergebenden Attraktivitätszahlen auf mathematisch – statistischer Grundlage gruppiert (= „Clusterung“; Clusteranalyse). Die sich aus der Clusteranalyse ergebenden, nach Attraktivitätsmerkmalen gruppierten Jagdpachtpreise werden sodann auf die Schadzonen des zu begutachtenden Jagdbezirks normiert.

Der Jagdbezirk wird im Rahmen einer Ortsbesichtigung (GIS-System und Luftbilder) in Jagdzonen eingeteilt und anschließend bewertet – und zwar jeweils im Zustand ohne und einmal im Zustand nach der Baumaßnahme. Die Unterstützung durch die Jagdgenossenschaft und den Jagdpächter ist hierbei hilfreich. Die Zonierung des Jagdbezirks wird kartenmäßig dargestellt, die Einschätzungen sind mithin nachvollzieh- und begründbar.

Aus den normierten und qualitätsabhängigen Preisen für die Jagdzonen und ihrer Fläche (Größe) ergibt sich ihr Gesamtwert, einmal vor und einmal nach der Baumaßnahme. Zur Ermittlung der gesamten Jagdwertminderung sind die mit der Größe der jeweiligen Teilfläche gewichteten Wertdifferenzen aufzusummieren. Die Einstufungen vor und nach dem Bau der Trasse liegen nachvollziehbar offen.